Es gibt Musik, die ist einfach anders. Es gab Zeiten, die waren einfach anders. 1971: Im Herbst steigt "Tago Mago" von Can auf Platz 38 der deutschen LP-Charts! Aus heutiger Sicht erscheint das fast unglaublich. Ein grausliger Sänger, der unverständliches Zeug ins Mikrophon haucht, labert, stottert und schreit. Monotoner, maschineller Krach. Ein Schlagzeug, welches metronomartig dahintackert, schräg verzerrte Gitarren, ein stoisch dahinwummernder Bass, einlullende Orgelklänge im Hintergrund, elektronische Sounds wabern ... und immer dieser kaputte Japaner, der krank herumnölt - manchmal sogar rückwärts ("Oh Yeah"). So etwas gab es vorher nicht ... so etwas gab es nachher nicht. So etwas hat man nicht in England und nicht in Amerika gemacht, damals. Kaputt, anders, seltsam, eigenartig ... Can.
Wer schrubbt da so schief auf einer Geige herum, in der zweiten Hälfte von "Halleluhwah"? Das Stück rumpelt fast 20 Minuten mit demselben Rhythmus dahin - bis auf ein paar Sekunden, mit einem fast jazzigen Abschnitt mit Piano, irgendwo in der Mitte -, ist aber unglaublich spannend und abwechslungsreich. Von mir aus könnte das noch eine Stunde so weitergehen! "Aughm" ... über eine Viertelstunde dröhnen da Klänge herum ... Irmin Schmidt röhrt und stöhnt dazu, langgedehnt, "Auuuuughmmmmmmmmmmmmm", Jacki Liebzeit geigt auf einem Kontrabass, alles gedehnt, viel Hall, Gitarren plingen, Elektroperkussion, eine Orgel dudelt herum, Hektik, Klangdurcheinander, es rasselt und rumpelt, gespenstisch, eine zähe Soundsuppe. Ein magisches Ritual? "Peking O" ... ja, Udo hat recht, ist einfach nur seltsam. Die ganze Platte ist einfach nur seltsam. Dass das Album überhaupt in die Charts kam, ist einfach nur seltsam. Dass sich die Platte, jetzt sogar als SACD, bis heute gut verkauft ist einfach nur seltsam. Dass Jochen und Udo dieser Platte 13 Punkte geben, ist auch einfach nur seltsam. Dass Jochen und Udo der Platte nur 13 Punkte geben ist noch viel seltsamer ... groß? Ja, ganz groß! (Quelle: www.babyblaue-seiten.de, Achim Breiling) |