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Apocalypse / Die Anderen - Little little / Love - 1968

Die Ursprünge der Band Die Anderen, die sich später in Apocalypse umbenannte, gehen auf einen Talentwettbewerb, einen "Beat-Band-Ball" zurück, der 1966 in der Ostseehalle in Kiel stattfand. Dort traf Jürgen Drews (Solo-Gitarre, Gesang) auf die siegreiche Band Chimes of Freedom bzw. deren Mitglieder Bernd Scheffler (Schlagzeug, Gesang), Enrico Lombardi (Bass, Gesang) und Gerd Müller (Gitarre, Gesang).

In seinem äußerst empfehlenswerten Buch "STARPALAST und Skinny Minny" über die Live-Beat-Szene der 60/70er Jahre rund um die Kieler Förde beschreibt der Autor Klaus Härtel den Werdegang dieser auch international anerkannten Band aus dem hohen Norden Deutschlands:

Jürgen Drews wurde am 02.04.1948 in Schleswig geboren. Mit 14 Jahren schloss er sich als Banjospieler der Schleswiger Band Snirpels an und gründete später, als der Beat aufkam, die Formation Monkeys. Mit der Jazzband machte er die Musik, die ihm Spaß machte und gewann 5 Festivalpreise. Mit den Monkeys machte er die Musik, die ausgezeichnet ankam. Mit ihrem gelungenen Programm-Mix aus Stükken der Shadows, Spotnicks, Beatles und Beach Boys lagen sie nicht nur voll im Trend, sondern stellten auch an sich stimmlich wie instrumental hohe Anforderungen.
Nach dem Auftritt (beim Beat-Band-Ball) saßen Bernd Scheffler, Enrico Lombardi, Gerd Müller und Jürgen Drews noch zusammen und besprachen die Lage. Zwar hatten sie mit ihrem Sieg einen Plattenvertrag der Firma Hanseatic gewonnen, allerdings mit der Auflage, ihr stark vom Gospel und Folk geprägtes Programm zu ändern. Zudem machte Drews ihnen klar, dass ihnen ein singender Sologitarrist fehlte - und er galt als ausgezeichneter Instrumentalist, der zudem gut bei Stimme war. Doch zunächst trat die Gruppe, obwohl schon mit Drews im Quartett, noch unter dem Namen Chimes of Freedom auf. Der Manager der Lords, ein Herr Lang, wurde auf sie aufmerksam und hatte auch gleich eine Idee: Was fehlte, meinte Lang, sei eine deutsche Band mit deutschem Namen und deutschen Songs, die gewissermaßen ein Kontrapunkt zum normalen Beat-Einerlei sein sollte. So kam Lang zu dem Namen Die Anderen und vermittelte die Band gleich weiter an einen Produzenten der Firma Ariola - Giorgio Moroder. In dieser neuen Formation vereinten sich vier ausgezeichnete Stimmen zu hervorragendem Satzgesang mit Spielfreude, Originalität - und dem absoluten Willen zum Profitum.
Doch der Weg war noch lang und die Grundproblematik lag in den zu unterschiedlichen An-sichten über Sinn und Zweck ihrer Musik. So bot sich nach einem Bandwettbewerb im Berliner Klub Playboy Eden Drafi Deutscher an, sie zu produzieren. Scheffler lehnte dankend ab - Drafi war ihm zu kommerziell.

Und genau hier lag der Hund begraben. Scheffler war als Chef der Chimes of Freedom noch ein Idealist, der alles, nur nicht kommerziell werden wollte. Drews dagegen übernahm mit sicherem Gespür dafür, dass man als kommerzieller Musiker auch von der Musik leben kann, immer mehr das Ruder bei den Anderen. Er galt ganz zu recht als Finanzminister der Band. Eigentlich tat sich hier eine Grundproblematik deutschen Musikverständnisses auf, die in der Frage gipfeln darf: "Müssen gute Musiker eigentlich arm sterben?"

Jedoch die große Chance nahte: Bei der ZDF-Sendung "Show Chance 67" siegten Die Anderen in der Sparte "Gesangsgruppen mit Instrumentalbegleitung" mit Titeln wie "I got Rhythm" und dem Byrds-Titel "He was a friend of mine". Aber nicht nur Texte und Musik sollten anders sein bei den Anderen, sondern auch ihr Outfit. Enrico Lombardi ließ sich Ungewöhnliches und Gewöhnungsbedürftiges aus Chimes of Freedom-Zeiten einfallen: Gelbe Blusen, schwarze Kniebundhosen und weiße Strümpfe. Besagte Sendung erwies sich als echte "Show Chance". Ariola akzeptierte alle noch so ausgefallenen Vorstellungen der Newcomer und be-schloss, nicht zu kleckern, sondern zu klotzen. Die besten Profis wie Ralph Siegel und Giorgio Moroder wurden als Produzenten, Arrangeure und Tontechniker zur Verfügung gestellt, die besten Studiomusiker und das beste Tonstudio genehmigt - nämlich das Pye Record Studio in London.

Im Juli 1968 begannen die Aufnahmen. Ein 30-Mann-Orchester dirigiert von Nick Welsh, stand für die Einspielung von vier Singles zur Verfügung, von denen drei Eigenkompositionen von Gerd Müller und Enrico Lombardi aufwiesen. "Forever and a day / Sardegna" wurde auf Polydor produziert. Beide Titel stammten von Gerd Müller. "Somebody loves you/In the morning" und "Little Little/Love" waren dagegen auf Ariola erschienen und stammten von dem Müller-Lombardi-Duo. Die vierte Single steuerte der britische Hit-Maker Mikky Dallon bei: "Sally goes around the moon" war direkt für den deutschen Markt produziert, wurde jedoch in Deutschland nie veröffentlicht.


Mit dem Stolz der im "Pop London Gesalbten", so erinnert sich Drews heute, kehrten die vier Heroen nach Kiel zurück und merkten bald, dass es schwer sein würde, Karriere zu machen, wenn man so war wie sie - eben anders. In einem mit Teppichboden und Gardinen ausgestatteten Mercedes-Bus namens "Heinz-Hermann" ("unsere zweite Heimat" wie Drews erzählt) reisten sie von einem Auftritt zum anderen.

Zudem wurden sie von mittellosen, aber ideenreichen Jungfilmern vereinnahmt. So sangen sie in dem TV-Film "Zwischen Beat und Bach", der vom ZDF produziert wurde. Mit einem 80-köpfigen (!) Symphonieorchester sangen Die Anderen in der ZDF-Sendung "Für jeden etwas Musik" einen Chor aus der Wagner-Oper "Meistersinger". Schon der Titel "Sardegna" geriet zur Filmmusik des Syberberg Films "Wie viel Erde braucht der Mensch?".

Ein wirklicher Meilenstein war ihre LP "Kannibal Komix", die 1968 erschien. Diese LP landete bei dem US-Filmemacher George Moorse, der in München lebte. Moorse plante einen Gespensterfilm mit dem Titel "Das Haus in Weiß". Der in einem alten Schloss in Lauffen bei München gedrehte Film geriet ähnlich chaotisch wie "Magical Mystery Tour" der Beatles und war damit natürlich ein Spiegelbild seiner Zeit.
Der eigentliche Kick in ihrer Karriere - wie könnte es anders sein - kam aus dem Hamburger Star-Club. Eine Gruppe amerikanischer Manager des Pop-Biz war nämlich extra nach Hamburg gereist, um sich eine deutsche Gruppe zu angeln. Zur Auswahl standen an diesem Nachmittag die Hamburger Band Wonderland, in der neben Ex-Rattle Achim Reichel auch ein bis dato unbekannter Musiker und Ex-Sergeant der US-Army namens Les Humphries an der Orgel wirkte. Gegenüber dem Soundwall der Wonderlands, die zudem mit "Moscow" einen Riesenerfolg hatten, nahm sich der Auftritt der Anderen eher bescheiden aus.

Jedoch bekamen sie ihren ersten US-Plattenvertrag. Für ihr US-Album "Apocalypse" textete u. a. Les Humphries, und produziert wurde es von Giorgio Moroder. Für den amerikanischen Markt wurde ihr Name geändert, eben in den LP-Titel, was wiederum zu Identifikationsschwierigkeiten führte, da niemand so recht wusste, wer sich hinter dem Namen "Apocalypse" verbarg. Das US-Album war deutlich härter, aber auch ausgefüllter in den Arrangements als "Kannibal Komix". Er war gespickt mit Anleihen aus dem Jazz, der psychedelischen Musik oder gregorianischen Chören. Dem langsamen Aufstieg folgte jedoch der jähe Fall der Anderen.

Ihre US-Plattenfirma ging Pleite und riss die US-Karriere der Anderen mit in den Konkurs. Zudem stellten sie fest, dass ihre Musik live auf der Bühne nicht mehr zu realisieren war. Man hätte ein ganzes Symphonieorchester mitschleppen oder Playback spielen müssen, was ihnen aber wie ein musikalischer Verrat vorkam. Also spielten sie andere Stücke als "Sardegna" und "Little Little", just diese Stücke erwartete das Publikum aber von ihnen - ein Publikum, dessen Hörgewohnheiten seit den frühen Jahren des Beat sich erheblich zu ändern begannen. Alles sollte ja anders sein an den Anderen - vor allem natürlich ihre Musik. Frustriert stellten sie fest, dass unter ihren zwei LPs und fünf Singles keine hitverdächtig war. Ihre Musik war zweifellos künstlerisch wertvoll, die Produktion hervorragend - nur kaufen wollten sie nur wenige des ohrwurmverwöhnten deutschen Publikums.

Als sie am 28.12.1969 nach einem Doppelkonzert mit den Totalen die Bühne des Fördehochhauses (in Kiel) verließen, war es ein Abschied für immer. Scheffler verließ die Band, und jeder ging fortan seiner Wege; auseinandergelebt hatte man sich schon vorher. Die wohl beste und erfolgreichste Kieler Beat-Gruppe löste sich auf.

Jürgen Drews ging im Anschluss nach Rom und wurde dort für den Film entdeckt. Außerdem nahm er in dieser Zeit seine erste Solo-Single auf bevor er bei den Les Humphries Singers einstieg und dort fünf Jahre blieb. Im Anschluss daran startete er seine Solokarriere, die ihm bis heute starke Medienpräsenz beschert.

Waren Die Anderen die einzigste Kieler Band, die wirklich Profis werden wollten und wirklich diesen Schritt auch zu tun wagten, war Drews der einzige der Anderen, der Kunst und Kommerz in keinem Widerspruch zueinander fand, der immer sah, dass ein Künstler, der von seiner Musik leben will, seine Musik auch verkaufen muss.

Der zweite Andere, Enrico Lombardi, wurde am 25.06.1945 in Piacenza bei Mailand geboren. Seine Eltern legten ihm sozusagen die Musikalität in die Wiege. Vater war Musikprofessor und Mutter Sängerin und Tänzerin. Bereits in Italien erhielt Lombardi auf dem Internat Unterricht in Klavier und Gitarre. 1966 gewann er in Kiel den ersten Preis eines Sänger-wettbewerbes gegen 399 Teilnehmer. Er spielte bei den Five Beats und schloss sich 1966 Bernd Schefflers (Ex-Dylan's Folk) neuer Band Chimes of Freedom an. Nach dem Zerfall der Anderen verlegte er sich neben dem aktiven Musikzieren aufs Komponieren und Produzieren.
In seinem Studio in Garstedt arbeitet Enrico nicht nach Bestellung, sondern ohne Erfolgsdruck nach eigenen Qualitätsvorstellungen. Elf Singles und drei LPs aus seiner Feder und viele ungezählte Auftritte in Bands und als Solist sind Zeugnisse seiner Arbeit.

Gerd Müller wurde am 04.08.1947 in Kiel geboren. Mit Schulfreunden gründete er seine erste Band - die Dashmen. Das absolute Highlight deren kurzer Karriere war ein Auftritt auf dem Kieler Presseball in der Ostseehalle mit der schwedischen Band Cool Cats, der der spätere ABBA-Gründer Björn Ulvaeus angehörte.

Zeitweilig schloss sich Gerd Müller der Formation Five Beats als "Plus One" Sänger an, wo er seinen späteren Anderen-Mitstreiter Enrico Lombardi kennen lernte. Von 1964 bis 1966 sang er bei den Rebels; 1966 schloss er sich Bernd Schefflers Chimes of Freedom an.

Einige der Anderen-Titel stammten aus Gerd Müllers Feder. Da aber Müller nicht gerade der seltenste Name ist und zudem Verwechslungsgefahr mit dem gleichnamigen Fußballstar bestand, zeichnete er zunächst verantwortlich mit dem Geburtsnamen seiner Frau: Müller-Schwanke. Offiziell Student der Sozialpädagogik, nahm Müller nach dem Zerfall der Anderen einen Job bei Polydor in Hamburg an. Giorgio Moroder, der schon Die Anderen produzierte, hatte einen Mitarbeiter namens Monty Lüftner, dessen Name Pate stand für den neuen Künstlernamen: Als "Mon Thys" brachte Gerd Müller einige Singles heraus, z. B. die deutschen Versionen von T. Rex "Hot Love" und Mungo Jerry's "In The Summer Time". Einen richtigen Vogel schoss er mit dem deutschen Text des ABBA-Grand-Prix-Titels "Waterloo" ab. Gerd Müller lebt heute als freier Produzent in Nashville/USA.
Bernd Scheffler wurde am 06.05.1948 in Kiel geboren. Mit 13 Jahren bekam er ein Schlagzeug geschenkt. Nach dem Schulabschluss lernte Scheffler Heizungsmonteur, aber die Musik spielte eine zunehmende Rolle in seinem Leben. Zur musikalischen Offenbarung gerieten die Platten von Bob Dylan, Donovan und den Byrds. Als seine damalige Truppe einen neuen Namen brauchte, schlug er Dylan's Folk vor. Der Name war Programm, da Folk-Rock mit mehrstimmigem Gesang jetzt angesagt war. Als Dylan's Folk 1966 im Starpalast Eckernförde von einem Plattenverlag, der Elektrola, gehört wurden, wurden sie zu Ostern nach Berlin zu Probeaufnahmen bestellt.
Doch der einzige, der wirklich Mut und Willen hatte, ins Profilager zu wechseln, war Bernd Scheffler. So wurde durch den Vater von Conny Froboess eine Single produziert, mit der Scheffler sich bis heute nicht anfreunden kann: "Ich habe keinen Schatten mehr / Menschen, die nicht lieben" findet er heute noch einfach scheußlich, zeigt die Aufnahme doch, wie ein junger Musiker durch eine solche Produktion verfälscht wird.
Eines Tages trafen sich Bernd Scheffler und Enrico Lombardi in der Innenstadt von Kiel. Beide hatten keine Band, denn Enricos Band Five Beats hatten sich aufgelöst. Zu ihnen gesellte sich Gerd Müller, der keine rechte Heimstatt bei den Rebels mehr fand. Kaffeetrinkenderweise wurden neue Pläne geschmiedet. Die Byrds hatten eine LP mit dem Titel Chimes of Freedom herausgebracht - und schon hatte unser Trio einen neuen Namen. Für Bernd Scheffler begann die kreativste und schönste Zeit seiner musikalischen Karriere. Hier war der Wille zur Perfektion mit Idealismus, Freundschaft und Freude an der Musik gepaart, die ihm später immer mehr abhanden zu kommen schien.
Zu jenem "Beat-Band-Ball" des Jahres 1966 in der Ostseehalle meldete sich das Trio spontan an. Die Ostseehalle, so erinnert sich Scheffler, war voll besetzt mit 7000 Leuten. Als die Chimes of Freedom auftraten, hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Die Chimes of Freedom belegten den ersten Platz.
Doch die Geschichte entwickelte sich in eine Richtung, die Scheffler heute als absoluten Fehler einschätzt - die Gründung der Anderen. Für Scheffler war die Truppe zu jung, zu musikalisch unausgegoren und innerlich nicht gefestigt für eine solche Karriere. Der ständige Streit um Inhalt und Zweck der Musik nervte ihn. Im stressigen Alltag der Anderen fehlten ihm Gespräche, die er, ein politisch, philosophisch denkender Mensch, vor allem mit Gerd Müller, aber auch mit Enrico Lombardi geführt hatte. Jetzt regierten andere Gesetze den Alltag der jungen Leute. Publicity, Geldverdienen, Auftritte, Karriere. Scheffler fühlte eine Ideale zunehmend verraten, hatte immer weniger Freude an der Musik, bis totale Frustration siegte. "Wir waren etwas, bevor wir etwas waren", sagt er heute - ein Satz, der Bände spricht und "Wir wurden als Band total verbraten".
Nach einem letzten Konzert im Fördehochhaus Kiel stieg Scheffler aus, d. h. er ging von der Bühne, ließ sein Schlagzeug stehen, kümmerte sich nicht um bestehende Verträge und ließ alles stehen und liegen. Seit dieser Zeit hat er nie wieder Musik gemacht, sich nie wieder ans Schlagzeug gesetzt. Mit der Musik der 60er verbindet ihn nichts mehr.
Soweit ein gekürzter Auszug der Abhandlung über "Die Anderen" aus dem Buch "Starpalast und Skinny Minny" von Klaus Härtel, erschienen im Härtel und Exner Verlag, Kiel, ISBN 3-931476-95-2.
Da man den Bandnamen "Die Anderen" nicht für international kompatibel hielt, entschied die Band sich für "Apocalypse" bzw. veröffentlichte das erste Album nur unter dem Namen "Kannibal Komix". Auch die Covergestaltung der internationalen Veröffentlichungen unterschied sich von der deutschen Ausgabe. Sämtliche uns vorliegende Originalcover, darunter auch französische und spanische, haben wir ins Booklet aufgenommen. Für den amerikanischen Markt, war die Firma Colossus Records zuständig. Diese entwickelte eine bemerkenswerte Aktivität. Angefangen mit dem Slogan "Take a Kannibal home and eat it up" bis zu kleinsten Einzelaktionen wurde die Werbemaschinerie in Gang gesetzt. Es wurden Spots von 30 bis 60 Sekunden Länge mit charakteristischen Ausschnitten der LP, z. B. "White House", "Sing A Song", "Neurotic Reaction" und "Little Little" im ganzen Land ausgestrahlt, im Besonderen bei den großen Stationen wie WBCN-Boston und KFRC-San Francisco.
Anzeigen wurden nicht nur über die gängigen Fachzeitschriften, sondern auch über Publikumszeitschriften gestreut. Eine spezielle Kampagne erfasste den Underground-Markt. Diese Käuferschicht wurde über die Zeitschriften Fusion, Zygote, Creem usw. angesprochen. Das Interesse an dem Album wurde weiterhin durch wirkungsvolle Einzelaktionen geweckt. Poster und Fahnen wurden an Fachgeschäfte und Diskotheken verteilt, Aufsteller für Ladentheken wurden angefertigt. An der meist befahrenen Straße der Welt, dem Sunset Strip in Los Angeles wurde eine riesige Reklametafel aufgestellt. Unterstützt wurde die Arbeit von Colossus Records durch die Firma Ampex Tape, die sich mit Briefwurfsendungen, Aufklebern für Schaufenster und Miniatur-Schädeln für den Verkauf des Albums und der Cassetten. Der in Deutschland stark beachtete TV-Farbfilm "Kannibal Komix" oder "Das Haus in Weiß" (WDR) wurde von allen amerikanischen Fernsehstationen übernommen. Darüber hinaus hatte man eine Agentur eingeschaltet, die die Möglichkeit einer Tournee durch die USA prüfte. Das ließ sich alles gut an und hätte den Anderen bzw. Apocalypse auch den großen Erfolg bringen können, hätte die Firma Colossus Records nicht Pleite gemacht und die US-Karriere der Band damit beendet bevor sie überhaupt beginnen konnte.
Abgerundet wird die Geschichte der Anderen mit dem Klappentext von M. Andries der deutschen Albumausgabe: "Endlich! Endlich wieder eine deutsche Gruppe mit internationalem Format. Toi, toi, toi!". Das telegrafierte Diskjockey Michael Vorhauer aus der Diskothek "Old Daddy" in der Universitätsstadt Marburg an Jürgen Drews, Chef und "Finanzminister" der Pop- und Beatgruppe "Die Anderen", nachdem er ihren Song "Somebody Loves You" gehört und seinem Publikum vorgestellt hatte. Die angelsächsische Konkurrenz ist groß. Die Anderen dürfen sich deshalb über dieses spontane Lob besonders freuen. Die Anderen sind eine deutsch-italienische Kombination aus Kiel und Mailand, drei Deutsche und ein Italiener. In der ZDF-Sendung "Zwischen Bach und Beat" ernteten sie erste Fernsehlorbeeren. Dabei ging es noch relativ gemäßigt und konservativ zu. Beim nächsten TV-Film stellten Die Anderen ihren musikalischen und schauspielerischen Eigensinn schon etwas drastischer heraus: sie sangen in der ZDF-Show "Für jeden etwas Musik" mit einem Opernchor, begleitet von einem achtzigköpfigen Sinfonieorchester.
Dann kam der bisherige Höhepunkt in der gagreichen Fernseh-Karriere der Anderen "Kannibal Komix" oder "Das Haus in Weiß". Die Songs aus diesem poppigen, verrückten Farbfilm hören Sie auf dieser Langspielplatte. Produzent Marcus Conradt hatte für "Kannibal Komix" einen Regisseur besondere Prägung verpflichtet, den in New York geborenen und seit 1959 in München lebende Amerikaner und Brecht-Verehrer George Moorse - ein in der "Neuen Film"-Welt hochdekorierter Mann, der für seinen Kurzfilm "Inside Out" mit dem Prädikat "Besonders wertvoll" ausgezeichnet wurde. Weiter Renommierfilme von Moorse sind "Der Findling" nach einer Novelle von Kleist und "Kuckucksjahre" nach einem eigenen Drehbuch. Produzent Conradt, selbst Verfasser des "Kannibal"-Buches, sagte über seinen Film: "Das gibt eine Revolution auf dem Bildschirm. Mit diesem Film setzte ich einen Meilenstein für ein höheres Niveau der Fernsehsendungen". Soweit man bei "Kannibal Komix" von einem "Inhalt" sprechen kann - hier die Angaben: Eine Gruppe junger Leute (Die Anderen) besuchen einen Makler und wollen ein Haus kaufen. Der Makler führt sie in ein altes bayrisches Schloss. Plötzlich tauchen Gespenster auf. Besorgt um seinen Kaufvertrag, versucht der Makler, diese vor seinen "Kunden" zu verbergen. Aber zu spät: sie haben die Gespenster bereits gesehen und - freunden sich mit ihnen an. Alle verbünden sich nun gegen den Makler. Auf einmal sind die Geister jedoch verschwunden und tauchen nicht mehr auf - weder aus dem Dies- noch aus dem Jenseits. Daraufhin lehnen die jungen Männer ab, das Haus zu kaufen: ohne Geisterspektakel ist es ihnen zu langweilig. Sie ziehen weiter, ein neues Geister-Haus zu suchen. Im Rahmen der Handlung erscheinen Gestalten aus alten Sagen- und Märchenzeiten auf der Bildfläche: Riesen und Zwerge, Feen und Höllengeister, Meerjungfrauen, Jung-Siegfried, ein Schmied, Slapsticks - Szenen als realer Vorgang im komischen, weil unerwartetem Ende - beherrschen die Szene. Zum Beispiel gehen zwei Menschen aufeinander zu: und weil jeder an etwas anderes denkt, stoßen sie zusammen, obwohl jeder den anderen "sieht".
In ihren zwölf Songs haben Die Anderen die Zauber- und Märchenwelt des Films in Musik und Text eingefangen. Wer sind Die Anderen? Sie wohnen und musizieren gemeinsam in einem Haus in Hamburg - zwei Studenten, ein Wärmetechniker und ein Dekorateur. Ihr musikalischer Leitsatz lautet: "Wir kopieren weder fremde Klänge noch fremde Hits". Über das tägliche Leben der Anderen wurde Auskunft gegeben in dem Fernseh-Kurzfilm "Ein Haus voll Musik". Danach folgten Spielfilm-Angebote für die tele- und fotogenen und musikbesessenen Früh-Twens, die alle unter 25 sind: "Die Lümmel von der ersten Bank" und "Wie viel Erde braucht der Mensch?".
Natürlich - wie könnte es anders sein! - sind Die Anderen auch "entdeckt" worden. Damals, im Jahre 1967, setzten die vier, die sich aus drei konkurrierenden norddeutschen Beatbands zusammengetan hatten, alles auf eine Karte und meldeten sich für die ZDF-Nachwuchssendung "Show Chance". Mit turmhohem Vorsprung siegten Die Anderen in der Sparte "Gesangsgruppen mit Instrumentalbegleitung". Und das ist der Grund, warum TV-Produzent Conradt Die Anderen unter vielen gehörten Gruppen als Hauptakteure für "Kannibal Komix" auswählte: "Ich habe besonders in Musikkreisen viel herumgefragt, bevor ich mich für die endgültige Besetzung meines Filmes entschieden habe. Dabei ist der Name "Die Anderen" am häufigsten genannt worden. - Ich habe meinen Entschluss nicht bereut."

Weibliches Wesen im "weißen Haus" ist die junge Schwedin Marianne Blomquist, die als Meerjungfrau - völlig modeaktuell - "oben ohne" auftritt...

"Kannibal Komix" - ein Fernsehfilm: und eine Langspielplatte, die randvoll gepackt ist mit zündenden Beatrhythmen, mit Einfällen in Text, Musik und Arrangement, die den Anfangssatz über Die Anderen neu bestätigen: Endlich wieder eine deutsche Gruppe mit internationalem Erfolg."
Manfred Steinheuer, März 2003
Beschreibung mit freundlicher Genehmigung von Longhair
01. Little little
02. Love
Apocalypse / Die Anderen_Little little / Love_krautrock
Drews, Jürgen (4)  
Ariola - 1968 - 7"

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